Das Biomasse-Paket kommt doch! – Becker Büttner Held

10. Februar 2025

Biomasseanlagen wurden von der Politik in den letzten Jahren eher stiefmütterlich behandelt. Einerseits sollen insbesondere Biogasanlagen besonders viel leisten (nämlich Flexibilität bereitstellen), andererseits werden die Anlagenbetreiber eher kurzgehalten. Ob die Förderbedingungen ausreichend sind, um den bestehenden Anlagenpark weiter zu betreiben und die nötigen Investitionen für die Flexibilisierung zu stemmen, ist stark umstritten.

Es hat daher wohl kaum jemand damit gerechnet, dass der Bundestag sich noch auf Änderungen der Förderung von Biomasse im EEG einigt. Am letzten Sitzungstag der Legislaturperiode wurde das Biomasse-Paket aber tatsächlich noch verabschiedet.

Was war das Problem?

Die meisten Biogasanlagen sind in den Jahren ab 2005 in Betrieb gegangen. Deren 20-jährige Förderung läuft nun nach und nach aus. Eine ausreichende Perspektive auf eine Anschlussförderung bestand für viele dieser Anlagen nicht, weil die Ausschreibungen für die Anschlussförderung in den letzten Terminen deutlich überzeichnet waren und damit viele interessierte Betreiber keinen Zuschlag erhalten haben. In viele Biogasanlagen muss aber, etwa für den Austausch einzelner Anlagenkomponenten, erneut investiert werden; ohne eine weitere Förderung würden sich diese Investitionen nicht mehr amortisieren. In der Branche gab es daher die Befürchtung, dass viele Anlagen stillgelegt werden.

Die Stilllegung dieser bestehenden Anlagen hätte spürbare Auswirkungen auf den Strommarkt gehabt. Der Anteil der Biomasse an der Bruttostromerzeugung in Deutschland lag im Jahr 2024 bei einem Rekordhoch von 9 %. Zugleich lag der Anteil der Bioenergie an der erneuerbaren Stromerzeugung – zumindest noch im Jahr 2023 – bei rund 18 %.

Erhebliche Auswirkungen wären aber auch auf die Wärmeversorgung und die Wärmewende zu erwarten gewesen. Im Bereich der Wärmeerzeugung lag der Anteil erneuerbarer Energien im Jahr 2023 bei 17,7 %, davon machte Biomasse zuletzt 82 % aus. Erneuerbare Wärme wird also nach wie vor fast ausschließlich durch Biomasse erzeugt. Hinzu kommt, dass vor allem ländliche Kommunen im Rahmen ihrer kommunalen Wärmeplanung auf diese bestehenden Biomasse-Anlagen setzen. Doch was war das Problem?

Anhebung der Ausschreibungsvolumina

Die Ausschreibungsvolumina in den nächsten beiden Jahren werden deutlich angehoben. Nach der aktuellen Gesetzesfassung wären in Jahren 2025 bis 2028 noch insgesamt 1.300 MW ausgeschrieben worden. Nun wird geregelt, dass allein im Jahr 2025 1.300 MW zu installierender Leistung ausgeschrieben werden sollen. Im Jahr 2026 sind es dann 1.126 MW. Ab dem Jahr 2027 sinkt das Ausschreibungsvolumen wieder auf 326 MW und im Jahr 2028 auf 76 MW.

Neuregelung der Anschlussförderung

Bei der Zuschlagsvergabe werden künftig Biomasseanlagen privilegiert, die an eine leitungsgebundene Wärmeversorgungseinrichtung angeschlossen sind. Dafür müssen die Anlagen im Jahr 2023 oder früher eine Wärmeversorgung für mehrere Gebäude mit mindestens 300 kW thermischer Leistung umgesetzt haben und die Wärmeversorgung auch immer noch betreiben. Bis zu 70 % des Ausschreibungsvolumens ist künftig für diese Anlagen reserviert, erst danach kommen Anlagen ohne Wärmeversorgung an die Reihe.

Mit dem Paket soll der Kreis der teilnahmeberechtigten Anlagen reduziert werden. Bisher konnten Anlagen teilnehmen, die noch bis zu acht Jahre Förderanspruch haben. Das wird auf fünf Jahre verkürzt. In den Ausschreibungen 2024 können daher nur noch Anlagen teilnehmen, die 2009 oder früher in Betrieb gegangen sind.

Auch die Verkürzung der sog. Realisierungsfrist reduziert die teilnehmenden Anlagen indirekt. Anlagenbetreiber haben ab dem Zeitpunkt der Zuschlagserteilung statt 60 Monaten nur noch 42 Monate Zeit, die Anlage auf die zu diesem Zeitpunkt geltenden Anforderungen des EEG umzurüsten. Spätestens zum 43. Monat wird die Anlage auf die neue Förderung umgestellt. Wer beispielsweise einen Zuschlag in der Ausschreibung Oktober 2025 erhält, muss voraussichtlich spätestens Mai 2029 in die Anschlussförderung wechseln. Anlagen mit Inbetriebnahme-Jahr 2009 verlieren damit einen Teil ihres bisherigen Förderanspruchs, wenn sie schon dieses Jahr in die Ausschreibung gehen. Weiterhin wurde die Förderdauer von 10 auf nunmehr 12 Jahre heraufgesetzt.

Ausnahmen von der Regelung

Als Ausnahme von der allgemeinen Regelung, dass die Förderung bei negativen Strompreisen entfällt, soll Strom aus Biogasanlagen, die an einer Ausschreibung teilgenommen haben, schon dann nicht mehr vergütet werden, wenn der Spotmarktpreis bei 2 Cent oder weniger liegt. Die Regelung soll dazu anreizen, dass die erfassten Biogasanlagen Strom nur bei Nachfragespitzen und hohen Preisen einspeisen und umgekehrt bei Einspeisespitzen und niedrigen Preisen die Stromproduktion einstellen. Für Biomasseanlagen, die feste Biomasse einsetzen, bleibt es bei der allgemeinen Regelung.

Für Biogasanlagen wird auch der Maisdeckel verschärft. Der zulässige Anteil von Mais und Getreidekorn wird für 2025 von 35 % auf 30 % abgesenkt und für die Folgejahre von 30 % auf 25 %.

Flexibilitätsanforderungen für Biogasanlagen

Der Gesetzesgeber wollte mit dem Biomasse-Paket auch dafür sorgen, dass Bioenergie die volatilen Erzeuger, d.h. Wind- und Solaranlagen, künftig noch besser ergänzen kann. Hierfür sei es erforderlich gewesen, die Biogasanlagen deutlich flexibler einsetzbar zu machen. Von den neuen Flexibilitätsanforderungen nicht betroffen sind Biomasseanlagen, die feste Biomasse einsetzen.

Biogasanlagen erhalten künftig nur noch für die Strommengen eine Förderung, die in den 11.680 Betriebsviertelstunden eines Jahres eingespeist werden, in denen die Anlage den meisten Strom produziert. Die Anlagen dürfen über diese 11.680 förderfähigen Betriebsviertelstunden hinaus weiterhin Strom produzieren, erhalten hierfür aber keine Förderung. Die neue Regelung soll noch stärker als zuvor einen „bedarfsorientierten Betrieb“ der Anlagen anreizen. Praktisch heißt das, dass Biogasanlagen nur für ein Drittel der Jahresstunden einen Förderanspruch haben.

Mit der Zeit steigt die Flexibilitätsanforderung bzw. sinkt die Zahl der förderfähigen Viertelstunden. Jeweils im 5., 7., 9. und 11. Jahr fallen 500 Viertelstunden weg, so dass am Ende noch 9.680 Viertelstunden übrigbleiben oder umgerechnet ca. 28 % der Jahresstunden. Dabei kommt es auf den Zeitpunkt der Zuschlagserteilung an. Wenn eine Anlage erst drei Jahre nach der Zuschlagserteilung auf die Anschlussförderung umgestellt wird, wird die förderfähige Strommenge also schon zwei Jahre nach der Umstellung abgesenkt.

Für kleine Anlagen bis 350 kW wurde eine deutliche Erleichterung beschlossen: Für diese Anlagen gilt einheitlich ein Wert von 16.000 Betriebsviertelstunden, also 4.000 Stunden im Jahr. Damit ist fast die Hälfte der Jahresstunden förderfähig.

Um die erhöhten Flexibilitätsanforderungen auszugleichen, ist eine Anhebung des sog. Flexibilitätszuschlags vorgesehen. Dieser soll finanziell kompensieren, dass der Anlagenbetreiber seine Anlage zu einem großen Teil tatsächlich nicht betreiben, sondern flexibel bereithalten soll. Der Zuschlag beläuft sich aktuell noch auf 65 Euro pro Kilowatt, künftig sollen es 100 Euro pro Kilowatt installierter Leistung sein.

Genehmigung der EU-Kommission

Bevor die neuen Vorschriften angewendet werden dürfen, ist noch eine beihilferechtliche Genehmigung erforderlich. Es kann deshalb sein, dass beim nächsten Ausschreibungstermin, dem 01.04.2025, noch die bisherigen Regelungen gelten. Insbesondere kann ohne Genehmigung der EU-Kommission die Anhebung der Ausschreibungsvolumen noch nicht angewendet werden. Biogasanlagenbetreiber, die die verschärften Flexibilitätsanforderungen und den verschärften Maisdeckel vermeiden wollen, haben ggf. noch eine Chance, einen Zuschlag ohne diese Einschränkungen zu erhalten. Wer dagegen die um zwei Jahre verlängerte Förderung und den erhöhten Flexibilitätszuschlag nutzen möchte, muss vor der Teilnahme an der Ausschreibung die Erteilung der beihilferechtlichen Genehmigung abwarten.

Ansprechpartner:innen: Jens Vollprecht/Micha Klewar/Franciska Riedel

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