Schweden verfehlt all seine Klimaziele – Politik

Ach, Schweden … Jahrelang war das Land Vorreiter in Sachen Klimaschutz. 2017 verschärfte die sozialdemokratische Regierung freiwillig das landeseigene Klimaziel aus dem Pariser Klimaabkommen, 2019 versprach der damalige Premierminister Stefan Löfven, sein Land werde „der erste fossilfreie Staat der Welt“. Das wird nun wohl eher doch nichts. Der aktuelle Bericht der schwedischen Umweltschutzbehörde (Naturvårdsverket) stellt der aktuellen Regierung ein katastrophales Zeugnis aus: Weder werden die nationalen Klimaziele noch die verbindlichen Klimamaßgaben der EU erreicht. Schweden wollte bis 2045 keine Netto-Treibhausgasemissionen mehr verursachen. Das erscheint dem Naturvårdsverket genauso unmöglich wie die Einhaltung der EU-Ziele, der sogenannten Effort Sharing Regulation (ESR), die für die verschiedenen Sektoren wie Landwirtschaft oder Verkehr Emissionsminderungsquoten bis 2030 vorgibt.

Größtenteils liegt das an der dramatischen Wende, die die schwedische Klimapolitik seit Beginn der Legislaturperiode 2022 genommen hat: Die damals gewählte liberal-konservative Minderheitskoalition hängt auf Gedeih und Verderb von den rechtspopulistischen Schwedendemokraten ab, die seit Jahren gegen jedwede vernünftige Klimapolitik zu Felde ziehen und das EU-Klimapaket „Fit für 55“ lieber heute als morgen annulliert sehen möchten.

Holzwirtschaft mittels Kahlschlag

Dass die Regierung unter Ulf Kristersson das vormals autonome Umweltministerium zu einer Unterabteilung im Wirtschaftsministerium schrumpfte, zeigte vom ersten Tag an, wohin die Reise gehen würde. Die Steuern auf Benzin und Diesel wurden gesenkt, das Budget für den ökologischen Umbau der Wirtschaft genauso halbiert wie das Budget für die Verwaltung von Naturschutz- und Nationalparks. Subventionen für den Kauf von E-Autos wurden einkassiert, dafür eine Abwrackprämie eingeführt. Geld, das für die Instandsetzung und Modernisierung der völlig maroden Bahnstrecken geplant war, wurde umgeleitet in Autobahnprojekte. Immer wieder werden geplante Windkraftparks gestoppt, stattdessen setzt man auf Atomkraft. Die mächtige Forstindustrie bewirtschaftet weit über 90 Prozent der Wälder mittels Kahlschlag; da viel zu viel Holz entnommen wird und die gefällten Bäume immer jünger werden, nimmt die Fähigkeit der schwedischen Wälder, Kohlendioxid zu speichern, rapide ab.

Insgesamt hatte die Umweltpolitik der letzten zwei Jahre zur Folge, dass Schweden 2024 nicht nur keine Emissionen eingespart, sondern mehr Schadstoffe emittiert hat als im Jahr zuvor. Laut Naturvårdsverket werden die ESR-Ziele für den Verkehr und die Landwirtschaft bis 2030 um mehrere Millionen Tonnen verfehlt.

Die liberale Klimaministerin Romina Pourmokhtari schlug daraufhin nicht Alarm, sondern spielte die Folgerungen des Berichts herunter. Der Emissionsanstieg im Jahr 2024 sei ein einmaliges Ereignis, sagte sie, ab 2025 würden die Werte voraussichtlich wieder sinken. Erklärungen dafür, warum das passieren sollte, blieb sie genauso schuldig wie eine Antwort auf die Frage, an welchen Maßnahmen die Regierung denn konkret arbeite, um doch noch die EU-Ziele zu erreichen.

Related Posts

Bundesnetzagentur genehmigt Stromtrasse A-Nord – Wirtschaft

Die Bundesnetzagentur hat den letzten Abschnitt der neuen Stromleitung A-Nord genehmigt. Die Stromtrasse gilt als eines der zentralen Projekte der Energiewende in Deutschland. Die 305 Kilometer lange Verbindung führt von…

https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/georgsmarienhuette-gmh-grossmann-stahl-strompreis-zoelle-li.3230211

https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/georgsmarienhuette-gmh-grossmann-stahl-strompreis-zoelle-li.3230211

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert