
12. Februar 2025
Wo immer Messwerte erhoben und zur Abrechnung von Geschäftsvorgängen verwendet werden, spielt das Mess- und Eichrecht eine Rolle. Schließlich sollen sich alle Beteiligten darauf verlassen können, dass die angezeigten Messergebnisse auch den tatsächlichen Verbrauch widerspiegeln.
Unterschiedliche Vorgaben für die Zulassung von Messgeräten auf dem Markt
Auf europäischer Ebene sind die grundlegenden Anforderungen an Messgeräte in der Messgeräterichtlinie (RL 2014/32/EU, englisch abgekürzt: MID) geregelt. Dort finden sich allerdings nur für bestimmte Arten von Messgeräten Vorgaben. Während beispielsweise Elektrizitätszähler für Wirkverbrauch (also reine Arbeitszähler) von der MID erfasst sind und damit EU-weit einheitliche Vorgaben existieren, fallen intelligente Messsysteme oder Messsysteme zur Abrechnung von Ladevorgängen nicht unter die MID. Da solche Messsysteme neben einem ggf. der MID unterliegenden Stromzähler aus weiteren Kommunikations- und Steuerungsmodulen bestehen, richtet sich deren Zulassung nach (teils voneinander abweichenden) nationalen Vorgaben (in Deutschland insbesondere nach dem Mess- und Eichgesetz und der Mess- und Eichverordnung und dem Messstellenbetriebsgesetz).
Europäische Kommission erkennt Fragmentierung des Binnenmarktes
Mit einem Ende November 2024 vorgelegten Vorschlag zur Überarbeitung der MID möchte die Europäische Kommission einer Fragmentierung des Binnenmarktes in diesem Bereich entgegentreten. Gleichzeitig sollen die in weiten Teilen bereits 20 Jahre alten technischen Anforderungen an Messgeräte an aktuelle technische Entwicklungen angepasst und insgesamt technologieneutraler ausgestaltet werden.
Vorgaben für intelligente Messsysteme: eher Klarstellung als Neuregelung
Soweit die Überarbeitung der MID explizit der Einführung intelligenter Stromzähler Rechnung tragen soll, geht es dabei vor allem darum, einen einheitlichen Rechtsrahmen zu schaffen und bestehende Widersprüche zwischen den Vorgaben der MID einerseits und den Anforderungen an intelligente Messsysteme aus der Strombinnenmarktrichtlinie (RL 2019/944/EU) andererseits zu beseitigen. Dies betrifft insbesondere die Frage, wie dem Letztverbraucher Messwerte aus einem intelligenten Messsystem angezeigt werden: Während die MID in ihrer bisherigen Fassung vorschreibt, dass Messeinrichtungen im Bereich der Energie- und Wasserversorgung zwingend mit einem Display auszustatten sind, verlangt die Strombinnenmarktrichtlinie kein Display am Gerät selbst, sondern lediglich, dass dem Letztverbraucher die Werte aus dem intelligenten Messsystem, insbesondere die aktuellen Verbrauchswerte, über eine standardisierte Schnittstelle oder über Fernzugriff zur Verfügung gestellt werden.
Ähnlich sieht der Vorschlag zur Überarbeitung der MID nun vor, dass u.a. bei Stromzählern der Verbrauch nicht nur über ein Display am Gerät, sondern auch über eine Fernanzeige oder auf einem Endgerät des Letztverbrauchers visualisiert werden kann. Neben dieser und weiteren Anpassungen bleibt es jedoch dabei, dass die MID im Zusammenhang mit intelligenten Messsystemen allein Anforderungen an den Stromzähler selbst formuliert, nicht aber an die damit verbundenen Kommunikations- oder Steuerungseinheiten des Messsystems. Die Novellierung der MID stellt die Anforderungen an intelligente Messsysteme also nicht grundlegend neu auf. Vielmehr soll sie lediglich bestehende eichrechtliche Hürden für den Einsatz intelligenter Messsysteme beseitigen. Inwieweit die geplanten Änderungen der MID tatsächlich in der Lage sein werden, bislang bestehende nationale Sonderwege beim Rollout von intelligenten Messsystemen EU-weit zu vereinheitlichen, wird sich zeigen müssen.
Neue Messgerätekategorie für Ladesäulen
Gänzlich neu ist dagegen, dass in der MID konkrete Vorgaben für den Einsatz von Messtechnik an Ladesäulen geregelt werden sollen. Der Vorschlag der Kommission erweitert dafür die bereits bekannten Kategorien der MID-Messgeräte um „Messanlage(n) für Ladeausrüstungen für Elektrofahrzeuge“. Auch beim Laden von Elektrofahrzeugen soll es künftig ausdrücklich zulässig sein, die für den Ladevorgang relevanten Daten auf einer Fernanzeige oder auf einem Gerät des Kunden anzuzeigen. Darüber hinaus definiert der Vorschlag u.a. drei verschiedene Genauigkeitsklassen nebst entsprechenden Fehlergrenzen und enthält Vorgaben zum Umgang mit bauteilbedingten Ladeverlusten.
Weitere Änderungen und Umsetzungsfrist
Neben den bereits genannten Änderungen greift der Vorschlag zur Überarbeitung der MID auch Anforderungen an Gaszähler und Mengenumwerter auf, um der zunehmenden Nutzung neuer Gase und der Einführung intelligenter Zähler Rechnung zu tragen. Er enthält ferner erstmalig Vorgaben für die messtechnische Erfassung von komprimierten Gasen wie Wasserstoff und Erdgas an Druckgas-Zapfsäulen.
Die Novelle der MID wird nun im Europäischen Parlament beraten. Nach Inkrafttreten bleiben den Mitgliedstaaten 24 Monate, um die Anforderungen in nationales Recht zu überführen.
Ansprechpartner:innen: Jan Hendrick vom Wege/Dr. Michael Weise/Roman Schüttke
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