Dynamische Stromtarife – Trend oder Zukunftschance?

Der Strommarkt in Deutschland muss reformiert werden.

Die Stromerzeugung basiert bereits überwiegend auf Solarstrom, Windenergie und Wasserkraft, nachdem die politischen Entscheidungen zum Atom- und Kohleausstieg getroffen wurden. Dadurch wird es bis zum Jahr 2038 zu einer gravierenden Transformation der Energiewirtschaft kommen an die sich der Endverbraucher erst gewöhnen muss.

Strom kommt aus der Steckdose – daran hat sich bereits jeder gewöhnt und die Stabilität des deutschen Stromnetzes hat sich entgegen vielen Erwartungen durch die zunehmende Erzeugung unseres Stroms mit Sonnen- und Windenergie sogar verbessert. Mit 12,2 Minuten erreichte die durchschnittliche Versorgungsunterbrechung des deutschen Nieder- und Mittelspannungsnetzes im Jahr 2022 gemäß der Bundesnetzagentur einen neuen Tiefstand.

Abbildung 1: Unterbrechungszeiten der Stromversorgung in Deutschland von 2006 bis 2022

Über den Smart-Meter-Rollout zum Stromnetz der Zukunft

Die Stromversorgung ist im Bundesgebiet also sicherer denn je. Dennoch steht Deutschland für die Zukunft vor der Herausforderung den Stromverbrauch an die Erzeugung möglichst gut anzupassen. Das wirksamste Mittel hierfür stellt der Strompreis dar. Wie auch in anderen Bereichen der Wirtschaft dient der Preis zur Regulierung von Angebot und Nachfrage, jedoch ist das Angebot von Solar- und Windstrom in der Energieerzeugung abhängig von den Wetterverhältnissen. Folglich muss die Nachfrage möglichst intelligent dem Energieangebot folgen.

In der Energiewirtschaft ist es seit den frühen 2000er Jahren für Unternehmen möglich ihren Strombedarf über den im Jahr 2002 gegründeten European Energy Exchange (EEX) selbst einzukaufen. Die kleinste Zeiteinheit ist hierbei ein 15-Minuten-Kontrakt. In jedem 15-Minuten-Intervall werden an der Strombörse EEX über Angebot und Nachfrage die Großhandelspreise für Strom neu festgelegt.

Bei Privatkunden findet bis heute überwiegend ein fester Strompreis je Kilowattstunde Anwendung. Die heute üblichen Stromzähler in Deutschland sind auch gar nicht in der Lage Messwerte im 15-Minuten-Takt zu übermitteln, ganz im Gegensatz zu anderen Ländern, die uns diesbezüglich bereits einen Schritt voraus sind. In 16 europäischen Ländern ist der sogenannte Smart-Meter bereits seit vielen Jahren umgesetzt, während in Deutschland mit dem flächendeckenden Ausrollen der intelligenten Stromzähler erst im Jahr 2025 begonnen werden soll.

Abbildung 2: Stand des Smart-Meter-Rollouts in diversen europäischen Ländern (Quelle: EU Kommission)

Was unterscheidet einen dynamischen Stromtarif von heutigen Festpreis-Tarifen?

Auf dem Strommarkt übernimmt der Stromanbieter den Einkauf sowie den Verkauf von Strom an den Verbraucher. Die Transportkosten für den Strom werden in Form der Netzentgelte durch den Stromnetzbetreiber auf den eigentlichen Strompreis aufgeschlagen. Ebenso werden diverse gesetzliche Umlagen sowie Steuern hinzugerechnet. Schlussendlich verlangt der Stromanbieter für seine Dienstleistung einen Fixkostenblock von 15 – 20 Cent je Kilowattstunde, der dem eigentlichen Strompreis hinzuaddiert wird. Bei einem Festpreis-Tarif übernimmt der Stromanbieter für den Verbraucher das Risiko der Preisschwankungen innerhalb der vereinbarten Laufzeit.

Bei dynamischen Stromtarifen wird der Stromkunde selbst zum Risikomanager. Er kann zu Zeiten günstiger Großhandelspreise teils massiv profitieren, jedoch zu Zeiten sehr hoher Preise auch deutlich mehr für den Strom bezahlen, als es im Festpreistarif der Fall wäre. Es ist somit einerseits wichtig, sich der Risiken bewusst zu sein, und andererseits entscheidend, die Niedrigpreis- und Hochpreiszeiten möglichst intelligent zu nutzen.

Abbildung 3: Stromproduktion in Deutschland und Korrelation niedriger Strompreise mit hoher Solarstromerzeugung im Sommer (Quelle: Energy Charts, Fraunhofer Institut)

Strom verbrauchen und dafür Geld bekommen?

Dynamische Stromtarife können zeitweise sogar zu negativen Strompreisen führen. Im Extremfall kann es vorkommen, dass die Preise im Großhandel so günstig sind, dass selbst inklusive aller externer Kosten und Steuern immer noch ein Minusvorzeichen stehen bleibt. Ein Stromkunde würde in diesem Fall theoretisch Geld für seinen Stromverbrauch erhalten.

Je mehr Geräte in einem Haus steuerbar sind, desto besser kann ein dynamischer Tarif genutzt werden.

Insbesondere eine eigene Stromerzeugung mit einer Photovoltaikanlage, ein Stromspeicher zur Pufferung für Zeiten hoher Preise, ein Elektrofahrzeug, das selbst steuerbar ist oder eine steuerbare Ladestation sind die ideale Voraussetzung für hohe Einsparungen. Die automatisierte Steuerung all dieser Geräte erfolgt zukünftig zunehmend über die Kernkomponente einer modernen Photovoltaikanlage, dem Energiemanagementsystem.

Dynamische Strompreise: Wo ist der Haken?

Geld bekommen für den eigenen Stromverbrauch? Ist das vielleicht sogar eine neue Möglichkeit für ein passives Einkommen?

So einfach ist die Sache leider nicht, denn die Zeiten sehr niedriger Preise liegen fast ausschließlich zu Zeiten hoher Solarstromproduktion (im Sommer) oder hoher Windstromproduktion (im Herbst und Winter). Umgekehrt gibt es aber auch Zeiten, in denen Strom sehr teuer ist. Nach Angaben von Statista gab es im Jahr 2023 in insgesamt 301 Stunden des Jahres negative Strompreise. Das sind nur etwas mehr als 3 Prozent des Jahres. Umgekehrt lag der durchschnittliche Großhandels-Strompreis für die 301 teuersten Stunden des Jahres 2023 bei 20,4 Cent pro Kilowattstunde, was bis zu 40 Cent pro Kilowattstunde an der Steckdose bedeutet (Quelle: energy-charts.info, ausgewertet mit ChatGPT).

Die Vorteile dynamischer Stromtarife liegen darin, dass der Zwischenhändler nahezu komplett entfällt, wodurch sich grundsätzlich natürlich Einsparpotentiale ergeben. Der Strompreis setzt sich bei einem dynamischen Tarif aus einer Grundgebühr, dem eigentlichen Strom-Großhandelspreis und den gesetzlichen Steuern und Umlagen zusammen. Meist verdient der Anbieter eines dynamischen Stromtarifs entweder an der Grundgebühr oder er verlangt einen Aufschlag auf den Großhandelspreis als Marge. Da das Risiko von Preisschwankungen auf den Stromkunden abgewälzt wird, kann der durchschnittliche Strompreis deutlich unter dem Preis für feste Tarife liegen, jedoch auch deutlich darüber.

Um das Potential dynamischer Tarife effektiv zu nutzen, ist ein echter Smart-Meter unabdingbar.

Damit der Anbieterwechsel unkompliziert abläuft sollte der Smart-Meter bereits vorhanden sein. Der Stromzähler wird jedoch nicht vom Stromanbieter, sondern vom sogenannten Messstellenbetreiber (meist identisch mit dem Stromnetzbetreiber) zur Verfügung gestellt. Lockangebote für dynamische Tarife durch Vertriebsmitarbeiter von Solarfirmen sollten daher immer genau geprüft werden. Hier besteht derzeit keinerlei Zeitdruck, denn der Wechsel in einen anderen Stromtarif oder auch einen dynamischen Tarif wird zukünftig deutlich einfacher sein, da ab dem Jahr 2025 gesetzlich jeder Stromanbieter verpflichtet ist, auch einen dynamischen Tarif anzubieten. Ein modernes Energiemanagementsystem kann auch zukünftig jeden frei verfügbaren dynamischen Stromtarif integrieren und es besteht keinerlei Grund sich vorschnell an einen bestimmten Hersteller zu binden. Photovoltaikbetreiber wollen ja meist insbesondere eines: Unabhängigkeit.

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