Reform Genossenschaftsgesetz EE-Anlagen | Referentenentwurf

25. Oktober 2024

Mit dem neuen Referentenentwurf zur Stärkung der genossenschaftlichen Rechtsform will das Bundesministerium für Justiz (BMJ) das Genossenschaftsgesetz an entscheidenden Stellen reformieren. Erfreulich ist, dass das BMJ das Genossenschaftsgesetz für Kapitalbeteiligungen an erneuerbare-Energie-Anlagen (EE-Anlagen) öffnet und das Bedürfnis nach Rechtssicherheit in Bezug auf den Förderzweck von Energiegenossenschaften erkennt. Gleichzeitigt soll die missbräuchliche Verwendung der Rechtsform der Genossenschaft als bloße Kapitalanlagegenossenschaft eingedämmt werden. Der verstärkte Einsatz von digitalen Prozessen und ein beschleunigter Gründungsprozess soll Genossenschaften zukunftsfähiger und attraktiver machen. Zudem soll die Reform Rechtsunsicherheiten beseitigen, die hinsichtlich der Ausgestaltung der investierenden Mitglieder bestehen. Mit dem außerdem angedachten Weisungsrecht gegenüber dem Vorstand der Genossenschaft vollzieht das BMJ jedoch eine kritikwürdige systemische Kehrtwendung.

Der Förderzweck der Genossenschaft

Eine wichtige Neuerung ist, dass § 1 Abs. 1 GenG – E die mittelbare Förderung der Genossenschaftsmitglieder ausdrücklich anerkennt. Bislang konnten Energiegenossenschaften, ein zentrales Instrument für eine gelungene Energiewende, nicht rechtssicher feststellen, ob sie den Förderzweck erfüllen. Nunmehr ist ausdrücklich möglich, sich ausschließlich zum Zwecke der Kapitalbeteiligung an einer EE-Anlage als Genossenschaft zusammenzuschließen, soweit ein „besonderer persönlicher Bezug zu den Genossenschaftsmitgliedern“, (z. B. ein Ortsbezug nach § 3 Nr. 15 EEG) vorliegt.

Hiervon zu unterscheiden sind die Genossenschaften, deren alleiniger Zweck die Kapitalanlage ohne weiteren persönlichen Bezug ist. Der neue § 1 Abs. 3 GenG-E soll diese missbräuchliche Verwendung eindämmen. Danach ist die bloße Erhaltung und Verwaltung des Genossenschaftsvermögens oder die gemeinschaftliche Vermögensanlage kein zulässiger Förderzweck. Ergänzend hierzu sollen die Prüfungsverbände verpflichtet werden, in der gutachtlichen Stellungnahme nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 GenG-E ausdrücklich zu erklären, ob die jeweilige Genossenschaft einen zulässigen Förderzweck erfüllt. Zusätzlich erhalten die Prüfungsverbände weitergehende Kompetenzen, um eine außerordentliche Generalversammlung einzuberufen. Diese können die Prüfungsverbände nach dem neuen § 60 GenG-E auch einberufen, wenn die im Rahmen der Prüfung festgestellten Mängel die Belange der Mitglieder erheblich gefährden könnten.

Wegfall von Schriftformerfordernissen

Ein weiterer zentraler Aspekt des neuen Referentenentwurfs ist die Abkehr von der Schriftform hin zur Textform. So wird der Beitritt zu einer Genossenschaft mit der geplanten Änderung in § 15 Abs. 1 GenG-E künftig nicht nur per handschriftlich unterschriebene Erklärung, sondern auch einfach per E-Mail oder über geeignete Apps möglich sein. Klarstellend wird außerdem der Ablauf des Gründungsprozesses in § 4a GenG-E ausdrücklich aufgenommen. Das Erfordernis, die Gründungssatzung von drei Mitglieder handschriftlich unterzeichnen zu lassen, entfällt. Diese sowie weitere geplanten Regelungen, wie die Möglichkeit zur Stimmrechtsvollmacht in Textform nach § 43 Abs. 5 Satz 2 GenG-E oder der Erstellung des Versammlungsprotokolls in Textform nach § 47 Abs. 2 GenG-E, verringern den Bürokratieaufwand für die Genossenschaften deutlich.

Steigerung der Attraktivität für Genossenschaften

Ein häufiger Kritikpunkt der Praxis ist außerdem die lange Eintragungsdauer von Genossenschaften beim Registergericht. Eine in § 27 GenRegV geregelte Eintragungsfrist für die Registergerichte soll den Gründungsprozess für Genossenschaften daher beschleunigen.

Zudem sieht der Entwurf ein Regelwerk zu den investierenden Mitgliedern vor (u. a. in §§ 8b, 15c, 30 und 67 GenG-E). Dieses soll die Regelungslücken im derzeitigen Regelwerk beseitigen und u.a. die zahlenmäßige Beschränkung der investierenden Mitglieder, der Beitritt und der Wechsel der Mitgliedschaft sowie die richtige Kennzeichnung der investierenden Mitglieder in der Mitgliederliste regeln.

Weisungsrecht gegenüber dem Vorstand

Der Referentenentwurf sieht weiter ein satzungsmäßiges Weisungsrecht der Generalversammlung oder des aus seiner Mitte gebildeten Entscheidungsgremiums gegenüber dem Vorstand in § 27 Abs. 1 Satz 3 GenG-E für sämtliche Genossenschaften vor – eine echte Systemänderung. Es bleibt abzuwarten, ob die kritischen Stimmen aus der Praxis sich dagegen durchsetzen werden.

Ansprechpartner:innen: Tobias Sengenberger, Dr. Philipp Bacher, Anne Cathrine Nielsen

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